"Quelle: noen.at"
Das Rote Kreuz hat erstmals - zu Übungszwecken - in Lilienfeld eine Blutkonserve per Drohne ausliefern lassen, und zwar automatisch. Ein Projekt, das wegweisend ist. Auf dem Weg dahin sind noch einige technische aber vor allem auch rechtliche Fragen zu klären.
Alle 90 Sekunden braucht ein Mensch in Österreich eine Blutkonserve. Wenn ein Krankenhaus Nachschub bestellt, setzt sich ein Auto mit Fahrer in Bewegung, um das lebensrettende Blut zu liefern. Das Rote Kreuz erprobt jetzt neue Wege, um dabei Zeit und Ressourcen zu sparen: Erstmals wurde eine Blutkonserve per Drohne ausgeliefert. Und zwar vollautomatisch.
Der Flug von der Rotkreuzbezirksstelle Lilienfeld ins nahegelegene Landesklinikum dauerte nur wenige Minuten. Das geglückte Experiment zeigt, wie Drohnen in Zukunft das Helfen erleichtern können.
Bisher: Drohnen für Personensuche und Lageerhebung
„Bereits jetzt verwenden wir Drohnen, etwa bei Personensuchen oder zur raschen Lageerhebung nach größeren Unfällen“, sagt Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes. „Blutkonserven mit Drohnen auszuliefern ist ein weitere vielversprechende Anwendung. Drohnen sind kein flüchtiges Spielzeug, sondern gekommen um zu bleiben. Die Blaulichtorganisationen hoffen, dass bei ihrem Einsatz künftig mehr möglich sein wird und die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden.“
Hohe Auflagen für Drohnenflüge
Eine Änderung der EU-Vorschriften hat erste Erleichterungen gebracht, doch die Sicherheitsauflagen sind hoch. Flüge wie der in Lilienfeld müssen detailliert beantragt werden. Holger Friehmelt, Institutsleiter Luftfahrt an der FH Johanneum in Graz, hat das Projekt wissenschaftlich begleitet.
„Die nötigen Technologien sind weltweit vorhanden. Hier konnten wir mit österreichischem Know-how erstmals demonstrieren, wie man in engem Zusammenspiel mit der Zulassungsbehörde in einer Realumgebung einen sinnhaften Transport ermöglichen kann“, sagt Friehmelt. „Dabei gilt es alle Beteiligten einzubinden. Neben dem Roten Kreuz waren das in dem Fall die Fernüberwacher des Fluges, Anrainer und nicht zu vergessen der gut ausgebildete Ingenieursnachwuchs, für den sich spannende neue Tätigkeitfelder auftun. Deshalb ist diese Flug Demo für die FH Johanneum mit seinen Luftfahrtstudiengängen auch so spannend.“
Ein Projekt, viele Beteiligte
„Die enge Zusammenarbeit und Risikoanalyse von Behörde, Wissenschaft und Industrie war für den Erfolg des Projekts entscheidend. Gratulation an alle Beteiligten“, sagt der Staatssekretär für Luftfahrt, Magnus Brunner. „Um Menschen in Not zu helfen, sind Erreichbarkeit und Zeit wesentliche Faktoren. Mit dem Transport von Blutkonserven haben das Rote Kreuz und seine Partner bewiesen, dass der Anwendungsbereich von Drohnen weit über die Erkennung von Gefahren und die Suche von Menschen hinaus geht. Mit der nationalen Umsetzung des EU-Drohnenregulativs und den kürzlich in Kraft getretenen Regelungen im Luftfahrtgesetz haben wir Rahmenbedingungen für eine sichere Drohnennutzung geschaffen.“
Austro Control: "Völlig neue Möglichkeiten"
„Die Anwendungsgebiete für Drohnen werden immer vielfältiger und gerade für Einsatzorganisationen eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten“, ergänzt Austro Control Geschäftsführerin Valerie Hackl: „Dieser Erstflug ist das beste Beispiel. Es freut mich, dass Austro Control das Projekt von Anfang an begleiten und den Drohnenflug unter Beachtung aller Sicherheitskriterien bewilligen und ermöglichen konnte.“
Komplexität beim Flug beherrschen
„Wir freuen uns über das Projekt. Unser eingesetztes Modell „Falcon B“ gehört zu den führenden Logistikdrohnen weltweit und ist unter anderem bei DHL in China im Einsatz. Damit können wir Pakete bis zu 5 Kilogramm, mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h rund 20 km weit transportieren – und das voll automatisiert. Unsere Lösung lässt sich auf beliebig viele Drohnen skalieren,“ sagt Andreas Perotti, CMO Europe von EHang.
Die technische Herausforderung eines automatischen Fluges besteht darin, die Komplexität zu beherrschen – und bei der Positionierung ständig kollisionsfreie Backup-Pfade zu berechnen, also Rückzugsmöglichkeiten, die von der optimalen Flugbahn abweichen.
„Da der Einsatz professioneller Drohnen unweigerlich zunehmen wird, bringt Thales seine weltweite Expertise in den Bereichen Luftfahrt, Flugverkehrsmanagement und Cybersicherheit ein, um einen sicheren Drohnenbetrieb zu ermöglichen“, erklärt Hannes Boyer, CEO von Thales in Österreich, ein weiterer Partner des Projekts. „Konkret konnten wir dieses Projekt dank unserer ScaleFlyt-Lösungen zur Identifizierung von Drohnen mit Remote ID und einem sicheren Flugmanagement über die digitale Serviceplattform SOARIZON unterstützen.“